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Rezensionen

Rezensionen

Ein Buch, das nie geschrieben wurde ist wie ein Traum, der nie geträumt wurde

Rezensionen von Büchern, die nie geschrieben wurden

Es gibt sie - die Bücher, die nie geschrieben wurden. Die aber hätten geschrieben werden können. Manche von ihnen dümpeln vor sich hin und warten darauf, endlich von einem Autor oder einer Autorin gefunden zu werden. Sie alle haben es trotz allem verdient, gewürdigt und rezensiert zu werden.

Durchforste Deinen inneren Wald

von Petra Volleben

Ihr erstes Werk war ein Mega-Bestseller: Mit „Entdecke Deinen inneren Baum“ hat Petra Volleben, Förstersgattin und zertifizierte Waldbademeisterin, den Nerv der Zeit getroffen. Millionen begeisterter LeserInnen fanden in dem Buch eine einfache Anleitung um ihrem inneren Kind eine naturverbundene Umgebung zu schenken.
Nach so vielen gepflanzten inneren Bäumen wurde es Zeit für einen Nachfolger. Mit „Durchforste Deinen inneren Wald“ gelingt es Petra Volleben mit Leichtigkeit, Ordnung in das mittlerweile entstandene Chaos zu bringen. Viele LeserInnen, die bisher schon freudig und mit Lust Bäume aller Art in allen denkbaren Körperteilen gepflanzt haben, werden mit Hilfe des Buches nun auch erstmals den Wald sehen können, der dadurch entstanden ist. In den Kapiteln „Der innere Laubwald“ und „Der innere Mischwald“ öffnet uns Petra Volleben die Augen für die Erkenntnis, wie das herabfallende Laub im Herbst unseres Lebens noch einmal Nahrung für unseren Waldboden sein kann. Sehr schön und hilfreich ihre Tipps, wie man in den Tiefen des Waldes die inneren Kinder wiederfindet, die sich dort verlaufen haben. Leider hat die Autorin auf Drängen des Verlags das Kapitel über den inneren Regenwald zugunsten des aktuellen Themas „Den inneren Waldbrand löschen“ gekürzt. Das ist schade - man hätte gerne mehr darüber erfahren, was zu tun ist, wenn es mal nass rein geht.
Insgesamt ist Petra Volleben ein bei aller Leichtigkeit doch komplexes Buch gelungen, das besonders an den Stellen, an denen sie Platz für Lichtungen gelassen hat sehr erhellend ist.
Man darf gespannt sein, wie es weitergeht mit dieser begabten Autorin. Wie man hört, ist sie gerade in Verhandlungen über einen Sponsorenvertrag mit einem schwedischen Möbelhaus.

Ein Tipp noch: eine schöne Ergänzung zu Vollebens Werk könnte das Buch „Spüre Deine Wurzeln“ von Dr. med. dent. Roderich Reisser sein.

Durchforste den Wald

Gaudi - Der bayrische Weg zur Ausgelassenheit

von Joseph "Sepp" Waldmoser

Joseph „Sepp“ Waldmosers Bestseller „A so a Gaudi“ liegt nun erstmals und endlich in der deutschen Übersetzung vor. Auch wenn der Titel „Gaudi - Der bayrische Weg zur Ausgelassenheit“ ein wenig sperrig klingen mag - ein flüssig zu lesendes Vergnügen ist es allemal. Zum einen gelingt es Waldmoser, dem interessierten Leser einen tieferen Einblick in die bayrische Lebensart zu geben, zum anderen ermutigt er uns durch einfache Übungen uns selbst Elemente des Bayerntums anzueignen.

Waldmosers Verdienst ist es, dem dänischen Hygge- oder dem schwedischen Lagom-Hype nicht noch einen weiteren Gelassenheitsratgeber hinzuzufügen, sondern mit seiner Gaudi einen Weg zur Ausgelassenheit aufzuzeigen, der so manchen Ballermann-Jüngling alt aussehen lässt. 

„Gelassenheit und Gemütlichkeit sind tief in den Genen des bayrischen Menschen verankert und ihm somit in die Wiege gelegt“, sagt der Autor schon im Vorwort. Hygge-Kerzen und -Kuschelkissen würden seine angeborene Gemütlichkeit auf eine harte Probe stellen. Der Bayer will beim Ruhen in sich selbst nicht gestört werden. Gerne schaut er dabei aber auch anderen beim Insichruhen zu. Aus diesem gemeinsamen Tun entwickelt sich bald das, was dem Buch den Titel gibt - die Gaudi. Diese Ausgelassenheit ist nicht wie am Ballermann Selbstzweck sondern wurzelt tief in der natürlichen Gelassenheit des bayrischen Menschen.

Waldmoser gelingt es eindrucksvoll diese Symbiose von Aus- und Gelassenheit anhand der bayrischen Bier-Zeremonie darzustellen. Anders als bei der verwandten japanischen Tee-Zeremonie bedarf es keines Gastgebers. Der bayrische Mensch folgt einer inneren Stimme und begibt sich auf den Pfad zum Ort des Rituals, wo er auf andere Menschen trifft, die dem Ruf ebenfalls gefolgt sind. Dies ist an regenfreien Tagen meist ein ritueller Garten, ansonsten ein Biertempel, in dem ein Tisch für die Angehörigen des Stammes freigehalten ist. Sepp Waldmoser schildert im Folgenden in seiner unvergleichlich schnörkellosen und zugleich bildreichen Sprache den weiteren Verlauf der Zeremonie. Leider gelingt es der Übersetzung von Sven Fischhaber an dieser Stelle nicht, den meditativen Zauber der bayrischen Originalausgabe ins Deutsche zu transformieren. Wer kann, sollte also zur Originalausgabe greifen, um in die Magie der Bierzeremonie einzutauchen. Kurz gesagt, alle sitzen nun an einem Tisch, die Arme aufgestützt, den Blick in die vor jedem stehende Maß gerichtet. Wenn die Zeit gekommen ist, also nach 20 bis 30 Minuten, sagt einer, einer inneren Stimme folgend und ohne den Blick zu heben „A so a Gaudi“. Nach in etwa der gleichen Zeit, der Rhythmus ist jetzt vorgegeben, sagt ein zweiter: „Ja, scho“. Dem folgt später ein „Ja mei“. Mit viel Glück beginnt irgendwann eine Blaskapelle, einen Marsch zu blasen und die Gaudi kann richtig losgehen.

Diese Bierzeremonie stellt den Kern des Buches dar und im Praxisteil gibt es eine genaue Anleitung für die Durchführung der Zeremonie zuhause, unterwegs, allein oder gemeinsam mit anderen. Überhaupt ist der Praxisteil ein Schatzkästchen, das der Waldmoser Sepp da zusammengestellt hat. Es gibt jede Menge Tips und Übungen die den Leser, ein wenig Geduld und Ausdauer vorausgesetzt, auf dem Weg ins Gaudi-Glück helfen. Neben der angesprochenen Bier-Zeremonie ist da die Meditationsübung „Auszutzeln einer gehäuteten Weißwurscht“ hervorzuheben. „Bierdimpfln für Anfänger“ und „Einarmiges Zipfeklatschn für Fortgeschrittene“ erfordern etwas mehr Übung. Und Waldmoser hat auch an die Hobbygärtner gedacht und ihnen ein Kapitel „Anlegen eines naturnahen Biergartens“ gewidmet und gibt Tipps, wie sie z.B. für Wespenfreundlichkeit sorgen und wie sie die empfindlichen Fleischpflanzerl-Setzlinge durch den heißen Sommer bringen. Und natürlich darf auch die berühmte Ja-mei-Baum-Zeremonie nicht fehlen.

Kurz und gut - das Buch sei allen ans Herz gelegt, die sich auf ein spirituelles Abenteuer einlassen können und mit Gaudi den Weg ins Glück finden wollen. Joseph „Sepp“ Waldmoser ist dabei ein authentischer und charismatischer Wegbegleiter.

Ein Tipp noch: vom gleichen Autor nicht erschienen - Joseph „Sepp“ Waldmoser „Schwein g’habt - wann der Metzger d’Sau rauslasst“

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Meine Tage mit Cleo

von Justin Theim

Justin Theim ist ein nicht mehr ganz junger, aber hoffnungsvoller Autor. Mit seinem Erstlingswerk „Meine Tage mit Cleo“ steigt er gleich in die erste Liga der Literaturwelt ein. Erotisch wie Kafka, spannend wie Hölderlin, tiefgründig wie Hallervorden. 

Justin Theim entwickelt eine sprachliche Wucht, die in der modernen Literatur ihresgleichen sucht. Wenn der Protagonist bei der ersten Begegnung mit Cleo ihr Herz für sich gewinnt mit der scheinbar einfachen und doch so tiefgründigen Frage „Ficken?“, eröffnet er dem Leser und der Leserin ein ganzes Universum von Phantasien, opulenten Bildern und wohligen Gefühlen. Überhaupt spiegelt sich in der Sprache die Schönheit und Ruhe ausstrahlende Ebenmäßigkeit des Cornwall  wider, wo Theim seine Geschichte angesiedelt hat. Warum der ansonsten so behutsame Übersetzer Justus Dimwits Cornwall mit Ruhrgebiet übersetzt hat, bleibt allerdings ein Rätsel. Für den vollen Genuss also besser im Original lesen.

Die Spannung von „Meine Tage mit Cleo“ lebt von der Frage, ob es dem Ich-Erzähler jemals gelingen wird eine Nacht mit Cleo zu verbringen. Denn ihre Nächte gehören dem Herrn der Finsternis, ihrem Ehemann Simon Patra. Und auf Justin wartet nächtens seine Langzeitlebensgefährtin Lotta (von ihm zärtlich Hole Lotta Love genannt). Einen weiteren Spannungsbogen spannt Theim, indem er bis zum überraschenden Schluß offen lässt, was er und Cleo tagsüber eigentlich miteinander zu tun haben. Führt er uns mit dem schon erwähnten „Ficken?“ auf eine falsche Fährte? Dient die Frage „Wie war ich?“ einer Evaluation oder ist sie ein Hinweis darauf, dass Justin mit dem Leben abgeschlossen hat?

Ein großartiges Buch, das uns unsere eigenen Widersprüchlichkeiten und Gegensätze vor Augen führt und doch eindringlich an deren Vereinigung appelliert. Tag und Nacht, Mann und Frau, Hund und Katz, Ausgesprochenes und Verschwiegenes - die Zusammenführung all dessen findet in Justins ergreifend poetischem Schlusssatz seinen Höhepunkt: „Boah!“

Damit ist alles gesagt, was ein Mann in diesen so schwierigen Zeiten als Essenz seines Gefühlslebens sagen kann.  Ein Buch, das Frauen beeindrucken und aufrütteln und Männer zum Durchhalten ermutigen wird.

 

 

Der Nachfolger für dieses Meisterwerk steht schon in den Startlöchern: „The Days of Cleo“, in Deutschland wieder meisterhaft übersetzt von Justus Dimwits unter dem Titel „Der Cleo ihre Tage“

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